Die Revolte der Würde & Das Neue Evangelium

Kampagne, Performance und Film

 

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Was würde Jesus im 21. Jahrhundert predigen? Wer wären seine Jüngerinnen und Jünger? Und wie würden die heutigen Träger weltlicher und geistiger Macht auf die Wiederkehr und Provokationen dieses einflussreichsten Propheten und Sozialrevolutionärs der Menschheitsgeschichte reagieren? Mit „Das Neue Evangelium“ dokumentiert und inszeniert der Regisseur Milo Rau eine „Revolte der Würde“. Angeführt vom politischen Aktivisten Yvan Sagnet kämpft die Bewegung für die Rechte der Geflüchteten, die über das Mittelmeer nach Europa kamen, um in Süditalien auf Tomatenfeldern versklavt zu werden und in Ghettos zu leben. Gemeinsam kehren sie an die Ursprünge des Evangeliums zurück und inszenieren es als Passionsspiel einer ganzen Bevölkerung. In Matera, in Süditalien, am Ort der großen Jesus-Filme von Pasolini bis Gibson entsteht so ein genauso realpolitisches wie theatrales und filmisches „Neues Evangelium“ fürs 21. Jahrhundert. Ein Manifest der Solidarität mit den Ärmsten, eine Revolte für eine gerechtere, humanere Welt.

 

Papst Franziskus prangerte auf Lampedusa bereits vor sechs Jahren die „Globalisierung der Gleichgültigkeit“ an und sagte in Bezug auf den Kapitalismus: „Dieses System tötet.“ In dem Moment, in dem Italien die Rettung ertrinkender Menschen kriminalisiert, besinnt sich die katholische Kirche auf ihre sozialrevolutionären Wurzeln: Was fordert die Bibel tatsächlich von uns? Was war gemeint mit dem radikalen „Nein“ des christlichen Propheten zum damaligen System des römischen Imperialismus und der Ausbeutung? Für wen würde Jesus heute kämpfen – und wer stünde an seiner Seite?

 

Mit „Das Neue Evangelium“ wird in Süditalien, am südlichen Rand der EU, wo sich Migranten aus Afrika als Erntearbeiter verdingen und durch Getreideimporte arbeitslos gewordene Kleinbauern ums Überleben kämpfen, das Wirken und Sterben des wohl einflussreichsten Religionsstifters der Weltgeschichte vom Regisseur Milo Rau neu inszeniert. Wer sind die Vertriebenen, Ausgestoßenen, Beleidigten der heutigen Weltordnung? Was ist von der Heilsbotschaft Jesu in einer Zeit globaler Ausbeutung noch übrig?

 

Der politische Aktivist und Jesus-Darsteller Yvan Sagnet arbeitete selbst auf einer Tomatenfarm, als er 2011 sich gegen das System der Ausbeutung auflehnte und den ersten Streik der Landarbeiter in Süditalien anführte. Wie Jesus damals als „Menschenfänger“ seine Gruppe von Aposteln suchte, begibt er sich nun erneut in die derzeit größten der in Italien „Ghettos“ genannten wilden Flüchtlingslager. Unter den „Elenden“ Süditaliens, den in der kargen Landschaft gestrandeten Geflüchteten, die sich auf den Tomaten- und Orangenplantagen verdingen, findet er seine „Jünger und Jüngerinnen“, die mit ihm gemeinsam eine „Revolte der Würde“ anführen: ein Kampf für die Rechte der von der italienischen Regierung und der Politik der EU Entrechteten – allein in Italien über 500’000 Menschen. Zu ihnen gesellen sich von den großen Agrarkonzernen in den Konkurs getriebene Kleinbauern und Aktivistinnen und Aktivisten, aber auch Schauspieler aus den Filmen von Pasolini und Mel Gibson. Enrique Irazoqui, der legendäre Jesus von Pasolini, wird in Raus Version des „Evangeliums“ die Rolle Johannes des Täufers übernehmen; Maia Morgenstern, Mel Gibsons Heilige Maria, spielt die Mutter des Schwarzen Erlösers Sagnet.

 

Christen, Muslime, Juden, Atheisten, Geflüchtete und Europäer kämpfen so gemeinsam für das Recht aller Menschen auf ein Leben in Legalität, auf Selbstbestimmung und Freizügigkeit. Sie rufen alle Bürgerinnen und Bürger Europas auf, sich mit ihnen zu solidarisieren und ihren Unmut und Widerstand gegen die menschenverachtende Flüchtlingspolitik Europas zu bekunden. Was ist übrig geblieben von den Werten der Aufklärung und des Christentums in der Realpolitik der EU? Wie lässt sich das heutige Europa überhaupt noch mit den „abendländischen“ Werten vereinbaren? Auch wenn oder gerade weil sie der italienischen Regierung und den großen Konzernen den Kampf ansagen, sind die Anhänger und Anhängerinnen der neuen Bewegung, wie damals Jesus seine Jüngerinnen und Jünger, „nicht gekommen, um das Recht zu brechen, sondern um es zu erfüllen.“ Denn wo Ungerechtigkeit Gesetz wird, wird Widerstand zur Pflicht!

 

Während sich so die Botschaft der „Revolte der Würde“, einer Emanzipations-Bewegung der Rechtlosen verbreitet, wird gemeinsam das große Spektakel vorbereitet: Hauptspielort ist der kleine Ort Matera mitten in der süditalienischen Basilicata, wo die Jesus-Filme von Pier Paolo Pasolini („Das Evangelium nach Matthäus“) und Mel Gibson („Die Passion Christi“) gedreht wurden. Dort, in der filmhistorischen Kulisse, wird Jesus in die Stadt einziehen, er wird erneut gefoltert, gekreuzigt und wird noch einmal auferstehen. All das unter den Augen tausender Kulturtouristen, die Matera als europäische Kulturhauptstadt 2019 aus aller Welt anlocken wird. Christlicher Mythos und touristische Realität Europas treffen aufeinander, in einem Mysterienspiel über Armut, Glauben und Würde.

 

Als großes Finale schließlich begeben sich Jesus und seine Jüngerinnen und Jünger Anfang Oktober 2019 nach Rom. Hier wird Papst Franziskus mit dem Neuen Evangelium konfrontiert. Es kommt zur Begegnung von „alter“ und „neuer“ Heilsbotschaft, offizieller und dissidenter Kirche: in Rom, dem Zentrum der römischen Weltmacht zur Zeit Jesu und heute Hauptstadt des modernen Christentums – und gleichzeitig Hauptstadt einer der ausländer- und minderheitenfeindlichsten Regierungen der EU.

 

Mit YVAN SAGNET, YUSSIF BAMBA, VITO CASTORO, MARCELLO FONTE, MARIE ANTOINETTE EYANGO, PAPA LATYR FAYE, ENRIQUE IRAZOQUI, SAMUEL JACOBS, ALEXANDER MARFO, MAIA MORGENSTERN, KADIR ALHAJI NASIR, MBAYE NDIAYE, ANTHONY NWACHUKWU, JEREMIAH AKHERE OGBEIDE, OSARETIN, ALI SOUMAILA, MOHAMMED SOULEIMAN, MUSSIE ZERAI U. A.

 

BUCH UND REGIE MILO RAU PRODUZENTEN ARNE BIRKENSTOCK, OLIVIER ZOBRIST, SEBASTIAN LEMKE DRAMATURGIE UND RECHERCHE EVA-MARIA BERTSCHY KAMERA THOMAS EIRICH-SCHNEIDER TON MARCO TEUFEN SCHNITT KATJA DRINGENBERG AUSSTATTUNG ANTON LUKAS, OTTAVIA CASTELLOTTI MUSIK ELIA REDIGER SOUND DESIGN & MISCHUNG GUIDO KELLER PHOTOGRAPHY ARMIN SMAILOVIC REGIEASSISTENZ GIACOMO BISORDI PRODUKTIONSLEITUNG ELISA CALOSI MITARBEIT PRODUKTION VALENTINA BERTOLINO, MASCHA EUCHNER-MARTINEZ, RICCARDO RASCHI, LARYSSA STONE, EVA-KAREN TITTMANN TECHNISCHE MITARBEIT JENS BAUDISCH MAKING-OF KAMERA CRISTINA YURENA ZERR RECHERCHEASSISTENZ TOMAS GONZALEZ AUSSTATTUNGSASSISTANZ PAULINE HOSSE-HARTMANN, ALESSANDRO SANTI, MAXIMILIAN SCHWIDLINSKI, MAGDALENA STÜCKLER PR GIUSEPPE MELILLO, FLORE MURARD-YOVANOVITCH, FRANCA SCHAAD, BORIS SENFF PRESSE YVEN AUGUSTIN,  ALESSANDRA MONTEMURRO, TOM DE CLERCQ BERATUNG ROLF BOSSART, THOMAS SEIBERT, LORENZO MARSILI, CLELIA BARTOLI

 

„Das Neue Evangelium“ von Milo Rau ist eine interdisziplinäre Produktion, die aus einer Kampagne, einer Reihe von öffentlichen Veranstaltungen und Performances sowie einem Film besteht.

 

Die Veranstaltungsreihe ist Teil des Projekts Matera 2019 „Tòpoi. Theatre and New Myths“. Sie ist eine Koproduktion von IIPM – International Institute of Political Murder mit der Fondazione Matera Basilicata 2019, Teatro di Roma und NTGent in Zusammenarbeit mit Teatri Uniti di Basilicata, Fruitmarket und Langfilm in Zusammenarbeit mit ProLoco Ginosa, Universität für angewandte Kunst Wien.

 

Die Kampagne wird geführt vom IIPM – International Institute of Political Murder mit Associazione No Cap – Contro ogni forma di caporalato, Ghetto Out Casa Sankara, Spin Time Lab Roma, Osservatorio Migranti Basilicata, Agricola Leggera, Campo Libero, altragricoltura – Confederazione per la Sovranità Alimentare, UILA Taranto – Unione Italiana lavoratori agro alimentari mit der Beteiligung von European Alternatives, European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), Medico International, FUTURZWEI – Stiftung Zukunftsfähigkeit, Öko & Fair – Umweltzentrum Gauting, European Democracy Lab, Voix des Migrants, Community Working Group on Health, Institut für Theologie und Politik, Berlin Postkolonial.

 

Die Veranstaltungen und Performances sind eine Koproduktion des IIPM – International Institute of Political Murder mit Fondazione Matera Basilicata 2019, Teatro di Roma und NTGent in Kooperation mit Teatri Uniti di Basilicata, Fruitmarket und Langfilm mit der Beteiligung von ProLoco Ginosa, Universität für angewandte Kunst Wien.

 

Das Filmprojekt ist eine Produktion von Fruitmarket und Langfilm in Koproduktion mit SRF SSR, ZDF in Zusammenarbeit mit Arte, IIPM – International Institute of Political Murder, Fondazione Matera Basilicata 2019, Consorzio Teatri Uniti di Basilicata und Teatro di Roma.

 

Die Veranstaltungen, Performances und der Film sind gefördert durch Kulturstiftung des Bundes, European Cultural Foundation, Film- und Medienstiftung NRW, Bundesamt für Kultur (BAK), Zürcher Filmstiftung, DFFF – Deutscher Filmförderfonds, Kanton St.Gallen Kulturförderung / Swisslos, BKM – Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Volkart Stiftung, GEA – Waldviertler, Stadt Lausanne und Kanton Waadt, Fondo Etico di BCC Basilicata, Volkart Stiftung und Suissimage Kulturfonds.